Zwei Tischler-Generationen tauschen sich aus: Eine interessante Gegenüberstellung ermöglicht das gute Abschneiden von Jungtischler Tristan Helwig, der mit seinem Geschirrschrank die Gesellenprüfung als Prüfungsbester im praktischen Teil abgeschlossen hatte, sowie die 20-jährige Berufserfahrung von Lars Hofmann. Beide arbeiten in der Tischlerei von Thomas Maul in Freiensteinau. Woher kommt die Liebe zum Handwerk? Sind die Wege dorthin heute noch dieselben, wie vor 20 Jahren?
Beide haben nicht nur gemeinsam, dass sie in Reichlos leben, sondern sie hatten auch die entsprechenden Vorbilder, die mit dafür verantwortlich waren, dass sie den Beruf ergriffen haben.
Bei Lars Hofmann war es der in Merkenfritz lebende Großvater, der bei ihm die Liebe zum Werkstoff Holz weckte. Beim erfolgreichen Prüfling Tristan ist Vater Thorsten Helwig als gelernter Tischler das Vorbild. Dieser unterstützte seinen Sohn sogar im Urlaub, denn in einem spanischen Möbelhaus entdeckte er einen Geschirrschrank und kurzerhand wurde die Kamera gezückt, um dem Sprössling einen Anstoß für das Gesellenstück in die Heimat zu schicken.
Doch bis dann das fertige Möbelstück den Prüfern präsentiert werden konnte, war es noch ein langer Weg. Am Anfang stand der Entwurf. Dazu gehörten auch eine Materialliste und eine Beschreibung, der Arbeitsabläufe und des Zeitaufwands. „Ich habe verschiedene Entwürfe entwickelt“, so Tristan Helwig. Dann stand fest, dass Fensterschiebetüren, die verglast und mit Glasleisten versehen sind, unbedingt dazu gehören sollten. Dabei war er aber auf die Unterstützung eines Metallfachmannes angewiesen, der die Laufleiste für die Rollen sowie das Metallgerüst für die Schiebelemente fertigte.
Nach über 100 Stunden hatte Tristan sein Gesellenstück fertig und war gespannt auf die Benotung seines Geschirrschranks. Dass er damit Prüfungsbester im praktischen Bereich werden sollte, damit hatte er nicht gerechnet. Auch nicht damit, dass er mit seinem Gesellenstück den zweiten Platz im Wettbewerb „Die gute Form“ belegen würde.
Dieser Wettbewerb zeichnet exzellent gestaltete Gesellenstücke aus. Dieser wird auch auf Landes- und schließlich auf Bundesebene ausgerichtet. Tristan Helwig darf sein Gesellenstück nun beim Landesentscheid in Wetzlar ausstellen und hofft, dass hier sein Möbel auch viel Anklang finden wird.
„Am Anfang habe ich es noch nicht gerafft“, so der erfolgreiche Geselle. „Doch zwei, drei Tage später war es dann doch schön“, erinnert er sich an diese Zeit. Jetzt will er erst einmal weiter in seinem Beruf arbeiten und Erfahrungen sammeln. Und er hat den Meisterbrief als weiteres Ziel ins Auge gefasst.
„Diesen soll er auf jeden Fall machen“, bestätigt ihn Lars Hofmann im Gespräch. Er selbst hat dieses Ziel für sich nicht umsetzen können. Die Familienplanung stand dem entgegen. Hofmann hatte ebenfalls bei der Firma Maul den Beruf des Tischlers erlernt und aus Anlass der 20-jährigen Betriebszugehörigkeit erhielt er von Thomas und Manuela Maul ein Präsent und viel Anerkennung. „Lars macht manchem Meister etwas vor und ist vielseitig einsetzbar“, findet sein Chef.
„Mein Großvater hatte eine Holzwerkstatt und dort half ich immer mit. Zuhause habe ich dann Baumhäuser gebaut“, erinnert sich der Arbeitsjubilar. „Man muss nicht unbedingt Meister sein, um beruflichen Erfolg zu haben“, findet Hofmann. Wichtig sei, dass man wissbegierig bleibe und sich bemühe, schon früh selbstständig zu arbeiten. Er fühle sich bei der Tätigkeit in der Werkstatt wohl, auch wenn diese sich inzwischen verändert habe. Früher habe er alle Tätigkeiten an einem Auftrag allein ausgeführt und teilweise sogar die Zeichnung dafür erstellt. „Heute bekomme ich eine fertige Zeichnung geliefert und wir arbeiten im Team.“ Auch sei die Kundschaft in den vergangenen 20 Jahren anspruchsvoller geworden und keiner habe mehr Zeit. Anspruchsvoller seien auch die Anforderungen an seinen Beruf geworden: „Mein Fachwissen ist heutzutage viel breiter geworden“, freut sich der Arbeitsjubilar und man spürt, dass ihm der Beruf heute noch Spaß macht, woran sicher auch Thomas Maul als Arbeitgeber seinen Anteil hat.
Quelle:
https://www.lauterbacher-anzeiger.de/lokales/vogelsbergkreis/freiensteinau/wege-zur-tischlerei-in-freiensteinau_20353708